Volljährigenunterhalt aktuell - Wenn man den Kontakt zum Elternteil verweigert

Ein von Herrn Rechtsanwalt Renzel in der ersten und zweiten Instanz erfolgreich geführtes Verfahren wurde nunmehr auch durch den Bundesgerichtshof in dritter Instanz bestätigt (BGH-Entscheidung in dem Verfahren XII ZB 415/16, FamRZ 2017, 1132).

Der Tochter des Mandanten wurden BAföG-Leistungen sowie anteilig Vorausleistungen auf Volljährigenunterhalt bewilligt. Durch das zuständige Studentenwerk wurde gegenüber dem Mandanten ein Anspruch aus übergegangenem Recht geltend gemacht.

Im Jahr 2004 hat die Tochter das Abitur mit der Note 2,3 erfolgreich bestanden und sich regelmäßig um einen Studienplatz für Medizin beworben. Da zunächst keine Zulassung erfolgte, hat sie eine Ausbildung zur anästhesietechnischen Assistentin absolviert und sodann auch in diesem Beruf ab Februar 2008 gearbeitet. Erst für das Wintersemester 2010/2011 hat sie eine Zulassung zum Medizinstudium erhalten. Zu diesem Zeitpunkt war die Tochter bereits 26 Jahre alt.

Der Mandant hat weder Informationen zum Schulabschluss, noch zum angestrebten oder eingeschlagenen Ausbildungsgang seiner Tochter erhalten. Tatsächlich hat überhaupt keine Kommunikation mehr stattgefunden. Eine schriftliche Anfrage zum Zeitpunkt des vermuteten Schulabschlusses blieb unbeantwortet. Ein letztes Zusammentreffen mit der Tochter hatte stattgefunden, als diese 16 Jahre alt war.

In seiner aktuellen Entscheidung hält der BGH an der bisherigen Rechtsprechung zu den sog. Abitur-Lehre-Studium-Fällen fest, die auch weiterhin als eine einheitliche Berufsausbildung gesehen werden. Selbst wenn zwischen der Ausbildung und der Aufnahme des Studiums ein gewisser zeitlicher Rahmen liegt, handelt es sich immer noch um einen einheitlichen Ausbildungslehrgang.

Muss aufgrund der Abiturnote eine längere Wartezeit bis zur Aufnahme des Studiums abgewartet werden, so führt auch dies nach Auffassung des Senats nicht zu einem Wegfall des Anspruchs.

In der aktuellen Entscheidung setzt sich der BGH sodann aber mit der Frage der Zumutbarkeit auseinander. Entscheidend ist, ob ein Elternteil überhaupt noch mit der Inanspruchnahme auf Ausbildungsunterhalt rechnen und sich auf eine fortgesetzte Unterhaltspflicht einstellen muss oder aber davon ausgehen kann, dass insbesondere aufgrund des Alters des Kindes die Ausbildungsphase abgeschlossen ist und insoweit die eigene Lebensplanung weiter verfolgt werden kann.

Von Bedeutung war daher in diesem Fall der Umstand, dass der Mandant von Anfang an überhaupt keine Kenntnis von den Berufs- und Ausbildungsplänen seiner Tochter hatte und erstmalig mit der Forderung nach Ausbildungsunterhalt konfrontiert wurde, als diese bereits 26 Jahre alt war. Der BGH betont insoweit das Gegenseitigkeitsprinzip.

von Ingo Renzel

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