Unterhaltsanspruch im freiwilligen sozialen Jahr

Nach einer neuen Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (Beschluss vom 04.04.20418, 2 UF 135/17) besteht auch während des freiwilligen sozialen Jahres dem Grunde nach ein Unterhaltsanspruch des Kindes.


Der 2. Senat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main schließt sich damit der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts Celle an (FamRZ 2012, 995). In Rechtsprechung und Literatur wird auch weiterhin ein Unterhaltsanspruch des Kindes während des freiwilligen sozialen Jahres überwiegend verneint, soweit diese Tätigkeit nicht notwendige Voraussetzung für eine Ausbildung des Kindes ist (so unter anderem: OLG Stuttgart FamRZ 2007, 1353; OLG Karlsruhe FamRZ 2012, 1648). Dies wird damit begründet, dass eine Berufsausbildung nach Schulabschluss unverzüglich aufzunehmen und mit dem gebotenen Fleiß und Ernsthaftigkeit zu betreiben ist. In dem freiwilligen sozialen Jahr wird daher – soweit dieses nicht der Vorbereitung eines entsprechenden Berufes dient – kein Ausbildungsunterhalt geschuldet.


Mit dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat sich nunmehr ein weiteres Obergericht zu der Frage der Unterhaltsverpflichtung während dieser Zeitphase positioniert und gegen die bislang herrschende Meinung entschieden. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist hierzu noch nicht ergangen.


Im Wesentlich stellt das Oberlandesgericht Frankfurt am Main darauf ab, dass auch das freiwillige soziale Jahr das Ziel verfolge, für die Jugendlichen soziale, kulturelle und interkulturelle Kompetenzen zu vermitteln. Aus der Begründung des Gesetzes zur Förderung von Jugend-Freiwilligen-Diensten ergibt sich – so das OLG – dass der Freiwilligendienst neben der beruflichen Orientierung und Arbeitserfahrung auch wichtige personale und soziale Kompetenzen vermitteln soll, die grundsätzlich auch die Chancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verbessern können.


Im Ergebnis könne daher auch die Teilnahme an dem freiwilligen sozialen Jahr als eine grundsätzliche Ausbildungsmaßnahme anerkannt werden, so dass letztlich auch losgelöst von einer bereits konkret vorbereiteten beruflichen Ausbildung entsprechender Unterhalt geschuldet wird.


Für die Beratungspraxis bedeutet dies, dass Teilnehmer des freiwilligen sozialen Jahres stets losgelöst von ihrer künftigen Ausbildungsplanung einen Unterhaltsanspruch gegenüber dem oder den Elternteilen anmelden und überprüfen sollten. Ob sodann tatsächlich Unterhalt geschuldet ist, wird über die Frage der Leistungsfähigkeit zu entscheiden sein. Etwaig zahlungsunwillige Eltern oder Elternteile könne sich jedenfalls – zumindest im OLG-Bezirk Frankfurt am Main – nicht mehr pauschal darauf berufen, dass es während des freiwilligen sozialen Jahres bereits grundsätzlich an einem Unterhaltsanspruch fehlen würde.

von Ingo Renzel

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