Entschädigungszahlung für ehemalige Betriebsrätin

Mit Urteil vom 10.05.2019 hat das Arbeitsgericht Gießen (3 Ca 433/17) entschieden, dass sich die Betreiberin eines Bad Nauheimer Seniorenheims und deren Berater, Rechtsanwalt Helmut Naujoks, wegen Persönlichkeitsverletzung zu verantworten haben.


Anlass für dieses Verfahren war die Klage der ehemaligen stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden des Seniorenheims auf Zahlung einer Entschädigung. Hintergrund dieses Verfahren waren Ereignisse aus dem Jahr 2012. Damals hatte die Leitung des Seniorenheimes mit Hilfe von manipulierten Gründen erfolglos versucht, den bestehenden Betriebsrat zu zerschlagen und die klagende ehemalige stellvertretende Betriebsratsvorsitzende sowie die Betriebsratsvorsitzende aus dem Arbeitsverhältnis zu entfernen.


Durch Recherchen des journalistischen Rechercheverbundes aus NDR, WDR und Süddeutscher konnte einer der in das Seniorenheim eingeschleusten Lockspitzel zu einer Aussage zu Planung und Durchführung unter Beteiligung von Rechtsanwalt Helmut Naujoks bewegt werden. Diese Recherchen wurden in der Panorama-Sendung „Die Rausschmeißer – Feuern um jeden Preis“ vom 03.07.2017 medial aufbereitet.


Nach Ausstrahlung dieser Reportage nahmen die beiden Betriebsrätinnen, vertreten durch den Unterzeichner, das Seniorenheim sowie Herrn Rechtsanwalt Naujoks auf Entschädigung wegen schwerer Persönlichkeitsrechtsverletzung arbeitsgerichtlich in Anspruch. Herr Rechtsanwalt Naujoks, arbeitsgerichtlich vertreten durch eine Essener Fachanwältin für Familienrecht, bestritt im Prozess pauschal alle Vorwürfe und bezog sich auf sein anwaltliches Schweigegebot.


Nach einer Beweisaufnahme am 10.05.2019 sah es das Gericht als erwiesen an, dass die Betreiberin des Seniorenheimes gemeinsam mit Rechtsanwalt Helmut Naujoks im Jahr 2012 ein Strategiekonzept zur Entfernung ihrer unliebsamen Betriebsratsmitglieder entwickelt hatte. Danach sollten eingeschleuste Lockspitzel die Betriebsratsmitglieder in Verruf bringen, Kündigungsgründe provozieren und erfinden. Ein als Zeuge vernommener Detektiv bestätigte den Vorwurf. Man habe, so der Zeuge, der Klägerin einen Verstoß gegen das betriebliche Alkoholverbot untergeschoben, um ihr fristlos kündigen zu können.


Auch habe es zur strategischen Umsetzung gehört, dass die Kollegin der Klägerin, die Betriebsratsvorsitzende, von zwei weiteren Detektiven durch Beschimpfen und Bespucken zu Tätlichkeiten provoziert werden sollte. Als diese sich nicht provozieren ließ, verletzte einer der Detektive den anderen und bezichtigte die Betriebsratsvorsitzende dieser Tätlichkeiten.


Das Arbeitsgericht wertete die strategische Vorgehensweise der Arbeitgeberin und ihres Rechtsberaters als schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung und verurteilte beide als Gesamtschuldner wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung zur Zahlung von 20.000,00 €. Dieses Urteil ist inzwischen rechtskräftig.


Die ehemalige Betriebsratsvorsitzende hatte vor dem Arbeitsgericht Gießen (3 Ca 435/17) vorläufig keinen Erfolg. Ihr hielt die Vorsitzende Richterin den Abschluss eines Prozessvergleichs aus dem Jahr 2014 vor, in dem diese gegenüber ihrer Arbeitgeberin auf alle Ansprüche aus dem ehemaligen Arbeitsverhältnis verzichtet habe. Dieser Verzicht sei umfassend und wirke auch zu Gunsten aller Gesamtschuldner des Entschädigungsverlangens. Dieses Verfahren befindet sich inzwischen in der Berufungsinstanz beim Hessischen Landesarbeitsgericht. Terminiert ist dort auf 25.03.2020.

Autor dieses Gastbeitrages ist Herr Stefan Schneider, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

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von Stefan Schneider

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