Corona-Pandemie und Kurzarbeit

In Zeiten der Corona-Pandemie ist das Kurzarbeitergeld in aller Munde. Die Bundesregierung hat kurzfristig die Anspruchsvoraussetzungen für Unternehmen abgesenkt, die für das Antragsverfahren zuständige Bundesagentur für Arbeit ihr Personal aufgestockt. Weitere Hinweise zum Antragsverfahren finden sich unter:
https://www.arbeitsagentur.de/unternehmen/finanziell/kurzarbeitergeld-bei-entgeltausfall

Dieser Beitrag befasst sich mit der arbeitsrechtlichen Situation bei der Einführung von Kurzarbeit und geht anschließend auf die neuen sozialversicherungsrechtlichen Antragsvoraussetzungen ein.

Sinn und Zweck von Kurzarbeit ist die Bewältigung einer Unternehmenskrise durch vorübergehenden Arbeitsausfall wie er beispielsweise im Einzelhandel seit heute eintritt. Weitergehendes Ziel ist die Erhaltung von Arbeitsplätzen und Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen. Allein durch die Beantragung von Kurzarbeitergeld werden die vertraglich festgelegten wechselseitigen Verpflichtungen des Arbeitsverhältnisses nicht automatisch dem Arbeitsausfall angepasst.

Die arbeitsrechtlich verbindliche Einführung von Kurzarbeit kann auf unterschiedlichen Rechtsquellen basieren. Das einseitige Weisungsrecht des Arbeitgebers scheidet dabei als Rechtsquelle aus.

Soweit ein Tarifvertrag für das Arbeitsverhältnis gilt und sich darin Regelungen zur Einführung von Kurzarbeit finden, kann der Arbeitgeber bei Erfüllung dieser Voraussetzungen Kurzarbeit einführen.

Existiert ein Betriebsrat, kann Kurzarbeit durch den Abschluss einer Betriebsvereinbarung ein- und durchgeführt werden. Eine Betriebsvereinbarung gilt unmittelbar und zwingend für alle Arbeitsverhältnisse, die in dem Betrieb oder Betriebsteil bestehen, für den der Betriebsrat zuständig ist.
Wenn tarifvertragliche Regelungen nicht existieren und ein Betriebsrat nicht vorhanden ist, kommen nur individuelle Vereinbarungen mit den Arbeitnehmern in Betracht.

Wenige bestehende Arbeitsverträge enthalten bereits Vereinbarungen, durch die einem Arbeitgeber einseitig das Recht eingeräumt wird, Kurzarbeit einzuführen. Ob diese Regelungen in allen Fällen einer AGB-Kontrolle standhalten, ist fraglich.

In der Mehrzahl der Fälle wird es daher erforderlich sein, individuelle Vereinbarungen mit jedem einzelnen Arbeitnehmer über die Einführung von Kurzarbeit abzuschließen. Durch diese Vereinbarungen wird für einen bestimmten Zeitraum die wöchentliche Arbeitszeit reduziert bis hin zum völligen Wegfall der Arbeitspflicht (sog. „Kurzarbeit 0“).

Entsprechend der Reduzierung der Arbeitszeit reduziert sich auch die Entlohnung des Arbeitnehmers. Anstelle seiner Entlohnung kann der Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld (KuG) beziehen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind. KuG wird gewährt in Höhe von 60 % (67 % bei Arbeitnehmern mit steuerlichem Kinderfreibetrag) des durch die Kurzarbeit ausgefallenen pauschalierten Nettoentgelts des Arbeitnehmers.

Die Abwicklung erfolgt so, dass der Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld im Rahmen der Vergütungszahlung an die Arbeitnehmer auszahlt und anschließend sich von der Arbeitsagentur erstatten lässt.

Durch Rechtsverordnung vom 16.03.2020 wurden die Voraussetzungen für die Gewährung von KuG befristet bis zum 31.12.2020 erheblich herabgesetzt.

Die wesentlichen Änderungen sind:

1. Statt bisher einem Drittel der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer, für die ein Entgeltausfall von mehr als 10 % ihres Bruttomonatseinkommens eintritt, müssen nur 10 % der Arbeitnehmer betroffen sein.

2. Nach der bisherigen Regelung trug der Arbeitgeber die Beiträge zur Sozialversicherung (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile). Nach der Neuregelung muss der Arbeitgeber diese Kosten nicht mehr tragen.

3. Der Aufbau negativer Arbeitszeitsalden in den Betrieben, in denen Arbeitszeitkonten geführt werden, entfällt.
Nicht geändert wird die Vorgabe, dass vorrangig Resturlaub abzubauen ist. Dies bezieht sich auf Urlaubsansprüche, die noch aus dem Vorjahr resultieren und in das laufende Jahr übertragen wurden. Auch müssen positive Arbeitszeitsalden aus Arbeitszeitkonten vorrangig abgebaut werden

Wichtig ist, dass die Anzeige der Kurzarbeit spätestens am letzten Tag des Monats, in dem sie eingeführt wurde, bei der Arbeitsagentur eingehen muss. Es empfiehlt sich, die Anzeige für die längst mögliche Regelbezugsdauer von 12 Monaten zu erstatten. Eine vorzeitige Beendigung der Kurzarbeit, also wenn z.B. die Betriebe wieder geöffnet werden, ist unproblematisch möglich.

Folgendes Vorgehen empfiehlt sich in Betrieben, in denen ein Betriebsrat nicht existiert:

1. Positivsalden aus Arbeitszeitkonten sind vorrangig abzubauen.

2. Resturlaub aus dem Vorjahr wird gewährt, ggf. auch einseitig gegen den Willen des Arbeitnehmers.

3. Mit dem Arbeitnehmer sollte besprochen werden, ob er Urlaub aus dem laufenden Kalenderjahr in Anspruch nehmen möchte.

4. Mit den Mitarbeitern werden schriftliche Vereinbarungen über die Einführung, Dauer und Umfang von Kurzarbeit geschlossen.

5. Die Kurzarbeit wird unverzüglich der Arbeitsagentur angezeigt.

Autor dieses Gastbeitrages ist Herr Stefan Schneider, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

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E-Mail: anwalt@arbeitsrecht-wetterau.de

von Stefan Schneider

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