Corona-Infektion als Berufskrankheit bzw. Arbeitsunfall

Kürzlich telefonierte ich mit einer Mitarbeiterin eines Alten- und Pflegeheimes, die mir beiläufig von ihrer überstandenen Corona-Infektion berichtete. In dem Heim waren etliche Mitarbeiter und Bewohner positiv getestet worden und zum Teil verstorben.

Als ich die Mitarbeiterin rein interessehalber fragte, ob sie oder ihr Arbeitgeber die Infektionserkrankung auch dem für den Heimbetrieb zuständigen gesetzlichen Unfallversicherer gemeldet habe, stieß ich auf völlige Ahnungslosigkeit.

Dieser Beitrag befasst sich mit der Frage, warum und in welchen Fällen eine Unfallanzeige an den gesetzlichen Unfallversicherer sinnvoll ist.

Bei der Mehrzahl der an COVID-19 Erkrankten sind die Symptome nicht behandlungsbedürftig und klingen nach einer gewissen Zeit wieder ab, die Langzeitfolgen der Infektion sind jedoch noch weitgehend unerforscht. Daneben bestehen jedoch auch schwere Krankheitsverläufe, die stationärer Behandlung bedürfen. Denkbar ist für alle Betroffenen jedoch, dass durch die Infektion etwas hängen bleibt, was dauerhaft die Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt.

Für Erkrankte, die sich mutmaßlich oder sicher im Rahmen der Ausübung ihrer Beschäftigung infiziert haben, hält das System der gesetzlichen Unfallversicherung einen Risikoschutz für Betroffene und Hinterbliebene vor.

Wichtig erscheint mir jedenfalls, dass zeitnah nach einer Infektion eine sog. Verdachts- oder Unfallanzeige an den für den Arbeitgeberbetrieb zuständigen gesetzlichen Unfallversicherer erfolgt, und nicht erst Monate oder Jahre später. Denn mit zunehmender Zeitdauer wird die erforderliche Zurechnung der gesundheitlichen Beschwerden zum Arbeitsplatz immer schwieriger. Diese Anzeige sollte im Idealfall über den Betriebsarzt erfolgen, wo es einen solchen nicht gibt, muss es der betroffene Mitarbeiter selbst tun. Beim Arbeitgeber kann der zuständige Unfallversicherungsträger erfragt werden.

Unter welchen Voraussetzungen erkennt die gesetzliche Unfallversicherung eine Erkrankung an COVID 19 als Berufskrankheit an?

  • Kontakt mit SARS-CoV-2-infizierten Personen im Rahmen der Beschäftigung im Gesundheitswesen und
  • Relevante Krankheitssymptome wie zum Beispiel Fieber, Kopfschmerzen, Husten, und
  • Positiver Nachweis des Virus durch PCR-Test.

Infektionskrankheiten von Beschäftigten im Gesundheitswesen, der freien Wohlfahrtspflege oder Laboratorien sind in der Berufskrankheiten-Verordnung ausdrücklich erfasst. Erfasst sind aber grundsätzlich auch Beschäftigte anderer Branchen, die sich beruflich gewisse Zeit in diesen Bereichen aufhalten müssen, z.B. der externe Elektriker in einem Krankenhausbetrieb.

Liegen die Voraussetzungen eines Verdachtsfalles in der betroffenen Branche hilft dies den Betroffenen bei der Nachweisführung, dass die Infektion am Arbeitsplatz und nicht im privaten Umfeld eingetreten ist.

Außerhalb der Branchen, die in der Berufskrankheiten-Verordnung angesprochen sind, ist die Zuordnung zu einer gesetzlich unfallversicherten Tätigkeit ungleich schwieriger, aber möglich. Die Infektion könnte dann als Arbeitsunfall gewertet werden. Ich denke hier als Beispiel an tätliche Auseinandersetzungen mit infizierten Maskenverweigerern durch Mitarbeiter von Sicherheitsdiensten oder Supermarktbeschäftigten.

Fazit

Die Chance einer zeitnahen Anzeige beim zuständigen Träger der gesetzlichen Unfallversicherer sollte sich jeder an COVID-19 erkrankte Beschäftigte nicht entgehen lassen, wenn ein beruflicher Bezug der Infektionsursache nicht fernliegend ist. Für Arbeitgeber und Betriebsräte sehe ich hierzu eine Bringschuld für die Information dieser Möglichkeit an die Beschäftigten.

Autor dieses Gastbeitrages ist Herr Stefan Schneider, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

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von Stefan Schneider

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