Gastbeitrag: Corona-Pandemie - Onlinevorlesungen sind kein Grund für außerordentliche Kündigungen von Studentenappartements

Die Coronakrise hat schon lange auch Studenten erreicht. Viele Universitäten bieten ausschließlich online-Vorlesungen oder ein sog. „Hybrid“- Semester an, bei dem jedenfalls einzelne Vorlesungen in Präsenz stattfinden. Viele Studenten erwägen daher, das von ihnen angemietete Stundenappartement zu kündigen und ihr Studium vom Elternhaus aus fortzusetzen.

Doch hier ist Vorsicht angebracht; dies gilt zumindest dann, wenn das Studentenappartement mit einem leistungsfähigen Internetanschluss ausgestattet ist, der die Möglichkeit bietet, virtuelle Vorlesungen zu besuchen.

Das AG München hat in einer aktuellen – allerdings noch nicht rechtskräftigen -  Entscheidung vom 09.03.2021 die außerordentliche Kündigung eines Studenten für unwirksam erklärt, der sein Studentenappartement mit Verweis auf die Corona-Pandemie und die dadurch bedingte Umstellung des Vorlesungsbetriebes auf Online-Vorlesungen fristlos gekündigt hatte. Denn das sog. Verwendungsrisiko – also das Risiko, dass das angemietete Appartement für den vorgesehenen Zweck (hier: Absolvierung eines Hochschulstudiums) geeignet ist - trägt grundsätzlich der Mieter (§ 537 II BGB).

Etwas anderes gilt nur bei einen objektiven Gebrauchshindernis, welches das Amtsgericht München hier aber nicht als gegeben ansah. Das Studentenappartement sei trotz der Corona-Pandemie vollständig nutzbar, insbesondere ermögliche der vorhandene Internetanschluss auch die Teilnahme an Online-Vorlesungen. Im Ergebnis wurde der Student vom Amtsgericht München zur Zahlung weiterer vier Monatsmieten in Höhe von insgesamt € 3.280,00 bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist verurteilt (die ordentliche Kündigung hatte der betroffene Student hilfsweise ausgesprochen).

Auch die mit Wirkung zum 01.01.2021 mit Blick auf die Corona-Pandemie eingeführte Vorschrift im EGBGB (Art. 240 § 7 EGBGB) half dem betroffenen Studenten nicht weiter. Nach dieser Vorschrift gilt die gesetzliche Vermutung, dass Grundstücke oder vermietete Räume, die infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung nutzbar sind, eine schwerwiegende Veränderung der dem Mietvertrag zugrunde liegenden Umstände (sog. „Geschäftsgrundlage“) darstellt; damit soll eine Anpassung des Vertrages nach § 313 BGB erleichtert werden. Mietverträge über Wohnraum sind von dieser Vorschrift allerdings ausdrücklich ausgenommen, die Vorschrift gilt damit insbesondere für gewerbliche Miet-und Pachtverhältnisse.

Letztendlich dürfte es aber auch hier auf eine Einzelfallbetrachtung ankommen. Ist in dem gemieteten Appartement kein leistungsfähiger Internetanschluss vorhanden, der die Teilnahme an online-vorlesungen ermöglicht, dürfte der Fall sicherlich anders liegen. Ebenfalls nicht ausreichen dürfte es aber, wenn von dem betroffenen Studenten aktuell vor allem praktische Übungen (etwa im Labor) zu absolvieren sind, die coronabedingt nicht stattfinden können. Auch hier dürfte das Verwendungsrisiko beim Mieter liegen, da sich dieser Umstand auf die Gebrauchsfähigkeit des Appartements selbst nicht auswirkt. Den Vertragsparteien eines Mietvertrages steht es natürlich frei, hier beim Abschluss neuer Mietverträge entsprechende Klauseln in den Vertrag aufzunehmen, die zumindest eine Vertragsanpassung erleichtern.

Autorin dieses Gastbeitrages ist Frau Dagmar Steidl, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht.

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von Ingo Renzel

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