Corona als Kündigungsgrund

Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie für die Existenz kleiner und mittlerer Unternehmen sind noch nicht abzuschätzen. Personalkosten stellen in vielen Fällen die höchsten regelmäßigen Ausgaben eines Unternehmens dar. Trotz finanzieller Anstrengungen von Bundes- und Landesregierung und des enormen Einsatzes von Kurzarbeitergeld, werden sich viele Unternehmen derzeit fragen, ob die Personalstärke unverändert aufrechterhalten werden kann.

Der Beitrag befasst sich mit der Frage, ob und in welchen Fällen die Corona-Krise eine Kündigung von Arbeitsverhältnissen begründen kann.

Durch Corona entsteht kein Sonderkündigungsrecht!

Das gilt auch für den allgemeinen Kündigungsschutz. Solchen Schutz genießen Arbeitnehmer, die länger als 6 Monate in Betrieben mit mehr als 10 sogenannten (Zähl- )Arbeitnehmern beschäftigt sind. Teilzeitbeschäftigte sind entsprechend ihrer Wochenarbeitszeit 50%ige, 75%ige oder 100%ige Arbeitnehmer in diesem Sinne. Arbeitgeber brauchen dann zur sozialen Rechtfertigung einen Kündigungsgrund.

Betriebsbedingter Grund

Erste Voraussetzung einer betriebsbedingten Kündigung ist ein dringendes betriebliches Erfordernis. Externe Faktoren wie Auftragsmangel oder Absatzschwierigkeiten können als Anlass dafür ausreichend sein. Allerdings muss zum Zeitpunkt der Kündigung aufgrund einer internen unternehmerischen Entscheidung feststehen, dass der Beschäftigungsbedarf für einen oder mehrere konkrete Arbeitsplätze ab einem bestimmten Zeitpunkt entfällt. Der pauschale Hinweis auf die wirtschaftlichen Unsicherheiten während der Pandemie ist kein rechtlich belastbarer Kündigungsgrund.

Auch die Regeln über die Sozialauswahl vergleichbarerer Arbeitnehmer sind nicht hinfällig, wenn ein konkret abzubauender Arbeitsplatz abstrakt von mehreren Arbeitnehmern besetzt werden kann.

Bund und Länder stellen zurzeit gewaltige finanzielle Programme zusammen, damit von der Krise betroffene Unternehmen kurz- und mittelfristig über die Runden kommen können. Zudem wurden die Voraussetzungen für Kurzarbeit erheblich gelockert. All dies spielt eine Rolle, wenn Arbeitsgerichte im Kündigungsschutzprozess zu prüfen haben, ob eine betriebsbedingte Kündigung unvermeidbar ist. Denn eine Kündigung zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ist dann nicht unvermeidbar, wenn dem Arbeitgeber andere mildere Mittel zur Verfügung stehen.

Manche Unternehmen schließen derzeit ihren Betrieb oder legen ihre Produktion still, bis sich die Lage wieder beruhigt hat. Der nicht lebensmittelgebundene Einzelhandel sogar notgedrungen. Eine ernsthaft beabsichtigte Betriebsschließung kann durchaus eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen. Die zu fordernde unternehmerische Entscheidung muss im Zeitpunkt der Kündigung bereits greifbare Formen angenommen haben, z.B. die Kündigung von Pacht- und Mietverträgen, Veräußerung von Maschinen. Die nur vorübergehende Schließung / Stilllegung wird eine betriebsbedingte Kündigung allerdings nur im Ausnahmefall rechtfertigen können.

Personen- oder verhaltensbedingte Gründe

Für krankheitsbedingte Kündigungen gelten die normalen Regelungen. Solche Kündigungen werden im Zuge der Corona-Pandemie wohl keine große Rolle spielen. Denn es ist unwahrscheinlich, dass eine Infizierung mit dem Virus zu einer langfristigen Arbeitsunfähigkeit führt.

Nicht rechtens wäre es, nachweislich infizierte Arbeitnehmer mit dieser Begründung einfach zu kündigen. Diese Mitarbeiter müssen natürlich zum Schutze der anderen Beschäftigten, Patienten oder Kunden räumlich aus dem Betrieb entfernt werden, damit aber nicht zwangsläufig auch aus dem Arbeitsverhältnis.

Arbeitnehmer, die aus abstrakter Angst vor Ansteckung der Arbeit fernbleiben, riskieren - nach notwendiger vorheriger Abmahnung - eine verhaltensbedingte fristlose oder fristgemäße Kündigung. An dieser Stelle ist die Kommunikation zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber besonders wichtig, etwa um Urlaub, unbezahlten Sonderurlaub oder Abbau von Arbeitszeitguthaben zu aktivieren und damit erlaubterweise vorübergehend dem Betrieb fernbleiben zu dürfen.

Fazit

Wünschenswert ist es, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer versuchen, die Krise gemeinsam zu bewältigen. Doch realistisch betrachtet wird es arbeitsrechtliche Konflikte in Form von Kündigungen geben. Und wahrscheinlich wird es auch einzelne Arbeitgeber geben, die in der Pandemie eine Gelegenheit sehen, sich von Beschäftigten zu verabschieden, die man schon länger gerne loswerden wollte.

Die Arbeitsgerichte haben bis auf weiteres die mündlichen Verhandlungen auf ein Minimum zurückgefahren. Die künftigen Kündigungsschutzverfahren werden also prognostisch länger dauern, mit den entsprechenden Verzugslohn-Risiken für Arbeitgeber. Aufhebungsvereinbarungen können unter Umständen und akzeptablen Bedingungen eine probate Alternative sein, sollten aber vor allem auf der Arbeitnehmerseite durchdacht sein. Ob die Agentur für Arbeit in einer Übergangsphase bei Aufhebungsverträgen großzügiger agiert und auf Sperrzeiten verzichtet, ist aktuell völlig offen.

Autor dieses Gastbeitrages ist Herr Stefan Schneider, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

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von Stefan Schneider

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